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Von -ow bis -bach: Eine Reise durch die Endungen deutscher Ortsnamen

Wer durch Deutschland reist oder eine Landkarte betrachtet, dem fallen unweigerlich die wiederkehrenden Endungen vieler Ortsnamen auf. -ow, -witz, -au, -hausen, -bach – sie scheinen kein Zufall zu sein. Und das sind sie auch nicht. Diese Endungen sind vielmehr stumme Zeugen der bewegten Geschichte des Landes, verraten uns etwas über die Gründer, die Lage oder die Beschaffenheit der Siedlungen. Begeben wir uns auf eine kleine sprachhistorische Entdeckungsreise.

Die hier genannten Endungen sind nur eine kleine Auswahl der Vielfalt, doch sie gehören zu den häufigsten und prägnantesten.

Slawische Spuren: -ow und -witz

Besonders im Osten Deutschlands fallen Ortsnamen auf, die auf -ow enden, wie z.B. Rostock, Berlin-Pankow oder Güstrow. Diese Endung ist slawischen Ursprungs und war ursprünglich ein patronymisches Suffix. Das bedeutet, es wies auf die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Person oder Sippe hin. So könnte ein Ort namens „Pankow“ der Ort der Leute des Panek gewesen sein. Im Sorbischen und Polabischen existieren ähnliche Formen noch heute. Oft wurde das slawische -ov im Deutschen zu -ow oder auch -au umgedeutet.

Eine weitere häufige slawische Endung ist -witz, wie in Chemnitz oder Cottbus-Ströbitz. Auch hier handelt es sich um ein patronymisches Suffix, das im Altsorbischen und Polnischen verbreitet war und ebenfalls die Abstammung oder Zugehörigkeit kennzeichnete. Ein Ort mit der Endung -witz war also wahrscheinlich die Siedlung der Nachkommen einer bestimmten Person.

Im Fluss der Zeit: -au

Die Endung -au ist weit verbreitet und findet sich in Namen wie Passau, Dessau-Roßlau oder Spreewaldau. Sie ist germanischen Ursprungs und bezeichnet zumeist eine Siedlung in der Nähe einer Aue, also einem flachen, fruchtbaren Land am Wasser, das oft von periodischen Überschwemmungen geprägt ist. Diese Orte waren aufgrund ihrer Nähe zum Wasser und dem fruchtbaren Boden oft attraktive Siedlungsplätze.

Heim und Hof: -hausen

Die Endung -hausen ist besonders im süddeutschen Raum sehr häufig, beispielsweise in Ludwigshafen, Friedrichshafen oder Burghausen. Sie stammt aus dem Althochdeutschen und bedeutet so viel wie „bei den Häusern“ oder „zu den Häusern„. Ursprünglich kennzeichnete diese Endung oft größere Ansiedlungen oder Weiler, die aus mehreren Höfen bestanden. Im Singular konnte -haus auch eine bescheidenere Einzelsiedlung bezeichnen.

Am Bach gelegen: -bach

Die Endung -bach ist ebenfalls sehr verbreitet und findet sich in Ortsnamen wie Ansbach, Remscheid-Lennep (Lennep am Bach) oder Eisenach. Sie ist germanischen Ursprungs und bezeichnet schlicht die Lage des Ortes an einem Bach. Bäche waren lebenswichtige Ressourcen für frühe Siedlungen, dienten als Wasserquelle, Transportweg oder zur Energiegewinnung (z.B. durch Mühlen). Daher ist es nicht verwunderlich, dass viele Orte entlang von Bächen entstanden sind und diese Lage in ihrem Namen widerspiegeln.

Weitere aufschlussreiche Endungen:

Neben den genannten gibt es noch viele weitere interessante Ortsnamenendungen, die uns Einblicke in die Geschichte und Beschaffenheit der Orte geben können:

  • -berg: Bezeichnet eine Siedlung an oder auf einem Berg, z.B. Heidelberg, Nürnberg.
  • -tal: Kennzeichnet eine Lage in einem Tal, z.B. Wuppertal, Neandertal.
  • -feld: Verweist auf eine Siedlung auf freiem Feld oder einer Ebene, z.B. Bielefeld, Rosenfeld.
  • -heim (-en), -ham, -am: Bedeutet Heim, Wohnort, Siedlung, z.B. Ingelheim, Seelze-Letter (ursprünglich Letterheim).
  • -hof (-en), -hoven: Kennzeichnet einen Einzelhof oder eine Gruppe von Höfen, z.B. Adelshofen, Schophoven.
  • -ingen: Eine germanische Endung, die oft auf die Gründungszeit während der Völkerwanderung hindeutet und die Zugehörigkeit zu einer Sippe bezeichnen kann, ähnlich wie -ow und -witz, z.B. Tübingen, Esslingen.
  • -stadt: Bezeichnet eine Stätte, einen Ort, oft mit einer gewissen Bedeutung oder Größe, z.B. Darmstadt, Neustadt.
  • -rode, -rath, -reuth: Diese Endungen weisen auf Rodungen hin, also Gebiete, die durch das Fällen von Bäumen urbar gemacht wurden, z.B. Wernigerode, Haan-Gruiten (Gruiten-Rath), Bayreuth.
  • -born: Bezeichnet einen Quellbrunnen, oft in Nord- und Mitteldeutschland verbreitet, z.B. Paderborn.
  • -münde: Kennzeichnet die Mündung eines Flusses, z.B. Warnemünde, Wesermünde (heute Bremerhaven).

Namen als Fenster zur Vergangenheit

Die Endungen von Ortsnamen sind weit mehr als nur Anhängsel. Sie sind historische und sprachliche Archive, die uns auf subtile Weise Informationen über die Entstehung, die geografische Lage und die prägenden Merkmale einer Siedlung vermitteln können. Indem wir uns mit der Bedeutung dieser Endungen auseinandersetzen, öffnen wir ein Fenster in die Vergangenheit und verstehen ein Stück besser, wie sich die deutsche Kulturlandschaft über Jahrhunderte hinweg entwickelt hat. Das nächste Mal, wenn Sie einen Ortsnamen mit einer dieser Endungen sehen, halten Sie einen Moment inne und denken Sie darüber nach, welche Geschichte sich hinter diesen scheinbar unscheinbaren Buchstaben verbirgt.